RICHTLINIE 2003/48/EG DES RATES
(im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen)
Die Richtlinie und ihr Regelungszweck
Am 3. Juni 2003 nahm der Rat der Europäischen Union die Richtlinie
2003/48/EG an, die ab dem 1. Juli 2005 wirksam wird(1).
Diese Richtlinie soll es ermöglichen, dass Zinszahlungen an natürliche
Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Zinszahlung
steuerlich ansässig sind, nach den Rechtsvorschriften des Staates des
steuerlichen Wohnsitzes effektiv besteuert werden. Die Mitgliedstaaten
haben ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser
Richtlinie ab dem 1. Juli 2005 anzuwenden(2).
In vorliegender Verwaltungsmitteilung soll dargestellt werden, inwieweit
sich dies auf im aktiven Dienst stehende Beamte und sonstige Bedienstete
der Europäischen Gemeinschaften auswirkt.
Die bisherigen steuerlichen Verpflichtungen der Beamten und sonstigen
Bediensteten der EG im aktiven Dienst
Beamte und sonstige Bedienstete der EG im aktiven Dienst, die sich
lediglich zur Ausübung ihrer Tätigkeit für die EG in einem anderen
Mitgliedstaat als demjenigen niedergelassen haben, in dem sie zurzeit des
Dienstantritts ihren steuerlichen Wohnsitz(3)
hatten, werden so behandelt, als hätten sie diesen steuerlichen Wohnsitz
beibehalten. Diese Regelung ist in Artikel 14 des Protokolls über die
Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften (PVB) verankert.
Die betreffenden Beamten und sonstigen Bediensteten sind von
innerstaatlichen Steuern auf ihre EG-Dienstbezüge befreit (Artikel 13
PVB). In Bezug auf alle anderen Einkommen haben sie jedoch den für sie
geltenden innerstaatlichen Steuervorschriften nachzukommen, das heißt
- in ihrer Steuererklärung ihre weltweiten Einkünfte (darunter auch
Kapitalerträge wie z. B. Zinszahlungen) anzugeben und entsprechend den
einschlägigen Vorschriften des Staates ihres steuerlichen Wohnsitzes
Steuern zu entrichten; und
- bei Einkünften aus Quellen, die in einem anderen Staat als dem des
steuerlichen Wohnsitzes gelegen sind, gegebenenfalls auch die
Steuervorschriften dieses anderen Staates zu beachten.
Die Richtlinie 2003/48/EG ändert nichts an den
Anwendungsbestimmungen zu den Artikeln 13 und 14 des PVB für Beamte und
sonstige Bedienstete der EG im aktiven Dienst.
Auf Kapitalerträge aus belgischen Quellen(4),
die in Belgien vereinnahmt werden, wenden die belgischen Steuerbehörden
für eigene Rechnung den sog. „précompte mobilier“ an. Von dieser an der
Quelle abgezogenen Steuer kann der im aktiven Dienst stehende Beamte oder
sonstige Bedienstete der EG befreit werden, wenn er anhand des Formulars
„276 EUR“ belegt, dass sich sein steuerlicher Wohnsitz in einem anderen
EU-Mitgliedstaat als Belgien befindet. Diese Regelung ist mit der Annahme
verbunden, dass der Empfänger der Kapitalerträge von sich aus diese
Einkünfte im Staate des steuerlichen Wohnsitzes meldet.
Was sich mit der Richtlinie ändert: Informationsaustausch und
Quellensteuer
Die Richtlinie 2003/48/EG führt ein System der automatischen
Auskunftserteilung über geleistete Zinszahlungen ein, sieht aber für
einen bestimmten Übergangszeitraum (im Prinzip bis 2011) vor, dass drei
Mitgliedstaaten (Belgien, Luxemburg und Österreich) eine spezielle
Quellensteuer(5) erheben, anstatt
an dem Informationsaustausch teilzunehmen.
- Alle anderen 22 EU-Mitgliedstaaten beteiligen sich von Anfang an an
dem Informationssystem. Das bedeutet Folgendes: Zahlt ein Finanzinstitut
Zinsen an eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Person, so
hat es den zuständigen Behörden des eigenen Staates folgende Auskünfte
zu übermitteln: Identität, Wohnsitz und Kontonummer des
Zahlungsempfängers (des „wirtschaftlichen Eigentümers“) sowie Angaben
zur Zinszahlung, darunter deren Höhe. Die Mitgliedstaaten übermitteln
diese Auskünfte in regelmäßigen Abständen an die Staaten des
steuerlichen Wohnsitzes der Empfänger. So können die Zinserträge
unabhängig davon, in welchem Lande sie vereinnahmt werden, gemäß den
innerstaatlichen Steuervorschriften des betreffenden Mitgliedstaates
besteuert werden.
- Drei Mitgliedstaaten (Belgien, Luxemburg und Österreich) können in
einer Übergangszeit eine andere Regelung anwenden, die im Prinzip darin
besteht, dass die Zinszahlungen einer Quellensteuer(6)
unterworfen werden. Diese Steuer beträgt in den ersten drei Jahren ab
dem 1. Juli 2005 15 %, in den drei Folgejahren (also ab dem 1.7.2008) 20
% und danach (also ab dem 1.7.2011) 35 %. Das Steueraufkommen wird dem
Staat des steuerlichen Wohnsitzes zugeführt, doch behält der Staat der
Steuererhebung 25 % für sich ein.
Auswirkungen der neuen Regelung auf die Beamten und sonstigen
Bediensteten der EG im aktiven Dienst
Alle im aktiven Dienst stehenden Beamten und sonstigen Bediensteten der
EG, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihres steuerlichen
Wohnsitzes Zinszahlungen erhalten, sind von der Richtlinie betroffen.
Vorliegende Verwaltungsmitteilung wendet sich jedoch im Wesentlichen an
die Beamten und sonstigen Bediensteten mit Dienstort in Belgien (und in
Luxemburg), die gemäß dem erwähnten Artikel 14 des PVB ihren steuerlichen
Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als Belgien (bzw. Luxemburg)
behalten haben.
Die Quellensteuer ist keine Abgeltungssteuer, d. h. sie enthebt den
Empfänger von Zinszahlungen nicht davon, diese Einkünfte den
Steuerbehörden des Staates seines steuerlichen Wohnsitzes zu melden. Die
entrichtete Quellensteuer wird in voller Höhe von der Steuerschuld
abgezogen, die von den letztgenannten Steuerbehörden festgestellt wird;
gegebenenfalls wird der überzahlte Betrag dem Steuerpflichtigen
zurückerstattet.
Aus Artikel 14 der Richtlinie ist abzuleiten, dass Beamte und sonstige
Bedienstete der EG im aktiven Dienst sich von ihrer „Zahlstelle“(7)
in Belgien, Luxemburg oder Österreich eine Bescheinigung über die
einbehaltene Steuer ausstellen lassen können, die es ihnen ermöglicht, in
ihrem Staat des steuerlichen Wohnsitzes eine Steuergutschrift (oder eine
Erstattung) zu erhalten.
Befreiung von der Quellensteuer
Gemäß der Richtlinie gibt es grundsätzlich zwei Verfahren zur Befreiung
von der Quellensteuer:
- Der effektive Empfänger der Zinszahlung ermächtigt das
Finanzinstitut, den Steuerbehörden des Staates seines steuerlichen
Wohnsitzes Auskunft über die Kapitalerträge zu erteilen.
- Der effektive Zinszahlungsempfänger legt seinem Finanzinstitut eine
Bescheinigung(8) vor, die ihm die
zuständige Behörde des Staates seines steuerlichen Wohnsitzes
ausgestellt hat; diese Bescheinigung enthält folgende Angaben:
- Name, Anschrift und Steuernummer(9)
oder, in Ermangelung einer solchen, Geburtsdatum und ort des
Empfängers,
- Name und Anschrift der Zahlstelle,
- Kontonummer des Empfängers oder, in Ermangelung einer solchen,
Kennzeichen des Wertpapiers.
Die Bescheinigung gilt für die Dauer von höchstens drei Jahren. Ist
auf der Bescheinigung keine Geltungsdauer angegeben, so muss bei jeder
Zinszahlung erneut eine Bescheinigung vorgelegt werden.
Anwendung dieser Verfahren:
- Luxemburg bietet die Möglichkeit, jedes von diesen beiden Verfahren
anzuwenden (Ermächtigung der Auskunftserteilung an den Staat des
steuerlichen Wohnsitzes oder Bescheinigung der zuständigen Behörden
dieses Staates);
- Belgien lässt nur das zweite Verfahren zu (Bescheinigung des Staates
des steuerlichen Wohnsitzes).
Wichtiger Hinweis: Beamte und sonstige Bedienstete der EG, die bei den
Behörden des Staates ihres steuerlichen Wohnsitzes eine solche
Bescheinigung beantragen, müssen darauf achten, dass die Geltungsdauer
angegeben ist. Die jeweilige Geltungsdauer wird von diesen Behörden
festgesetzt (Höchstdauer drei Jahre). Ist auf der Bescheinigung keine
Geltungsdauer angegeben, so muss bei jeder Zinszahlung erneut eine
Bescheinigung vorgelegt werden.
Sonstige nützliche Hinweise
Bestanden die vertraglichen Beziehungen zwischen Zinszahlungsempfänger und
Finanzinstitut schon vor dem 1. Januar 2004, so erfolgt die Feststellung
des Staates des steuerlichen Wohnsitzes aufgrund der dem Institut
vorliegenden Informationen. In Zweifelsfällen wird wie bei einer „neuen
vertraglichen Beziehung“ (ab dem 1. Januar 2004) eine neue Feststellung
vorgenommen.
Bei ab dem 1. Januar 2004 eingegangenen vertraglichen Beziehungen sieht
die Richtlinie vor, dass die Finanzinstitute den vermutlichen
steuerlichen Wohnsitz des Zinszahlungsempfängers anhand der Anschrift
feststellen, die im Pass oder dem amtlichen Personalausweis angegeben
ist; gegebenenfalls erfolgt die Feststellung anhand eines anderen vom
Zinszahlungsempfänger vorgelegten beweiskräftigen Dokuments. Bei den
meisten Beamten und sonstigen Bediensteten ist aufgrund des erwähnten
Artikels 14 des PVB der im Pass angegebene Wohnsitzstaat nicht mit dem
Staat des steuerlichen Wohnsitzes identisch. Daher geht Belgien davon aus,
dass der steuerliche Wohnsitz der Beamten und sonstigen Bediensteten im
aktiven Dienst, die bei ihrer Einstellung nicht in Belgien wohnten, in dem
Mitgliedstaat liegt, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen.
Unter diesen Umständen wird den Beamten und sonstigen Bediensteten im
aktiven Dienst empfohlen zu überprüfen, ob die Bank (die „Zahlstelle“) den
steuerlichen Wohnsitz gemäß Artikel 14 des PVB kennt. Erforderlichenfalls
ist ein entsprechendes beweiskräftiges Dokument (Bescheinigung des
Arbeitgebers) vorzulegen; eine solche Bescheinigung über den steuerlichen
Wohnsitz wird von dem Organ ausgestellt, bei dem der Beamte oder sonstige
Bedienstete angestellt ist (das Muster eines solchen Dokuments ist in
http://www.cc.cec/hrmforms/(10)).
Die Verwendung des Formulars „276 EUR“ in Belgien zwecks Befreiung vom
belgischen „précompte mobilier“ wirkt als Bestätigung des steuerlichen
Wohnsitzes außerhalb Belgiens und zieht die Anwendung der Quellensteuer
(„PER“, siehe Anmerkung 5) nach sich.
Die „PER“ wird auf den Gesamtbetrag der Zinszahlungen im Sinne der
Richtlinie erhoben(11).
Der Begriff der „Zinszahlung“ geht über die Bedeutung von „Zinsen“ im
engeren Sinne hinaus (siehe Artikel 6 der Richtlinie). Ihr Finanzinstitut
kann Ihnen Auskunft darüber geben, welche Kapitalerträge unter die
Richtlinie fallen.
Die Länder, die die Quellensteuer anwenden (Belgien, Luxemburg und
Österreich), erheben diese auf Zinszahlungen, die für die Zeit nach dem 1.
Juli 2005 geleistet wurden, also nicht auf die Zinsen, die vor diesem
Zeitpunkt angefallen sind(12).
Was die 22 Länder, die für den Informationsaustausch optiert haben,
anbetrifft, so wird die Steuerbehörde des Staates des steuerlichen
Wohnsitzes spätestens am 1. Juli 2006 (5. Oktober 2006 für im Vereinigten
Königreich geleistete Zahlungen) über die Zinszahlungen für den Zeitraum
zwischen dem 1. Juli und dem 31. Dezember 2005 unterrichtet.
Zusätzliche Auskünfte werden noch vor dem 1. Juli 2005 ins Intracom der
Kommission eingestellt. Eine spezielle Seite ist der Richtlinie über die
Zinsbesteuerung vorbehalten.
http://www.cc.cec/pers_admin/privileges_bxl/taxes_fr.html
Falls Sie als Beamter oder sonstiger Bediensteter der Kommission ab diesem
Zeitpunkt noch Fragen haben, auf die Sie keine Antwort finden, so können
Sie sich an folgende E-Mail-Briefkästen wenden:
- Brüssel sowie Pressebüros und Delegationen: ADMIN-BXL B3 FISCALITE;
- Luxemburg : ADMIN-LUX C2 FISCALITE;
- Gemeinsames Forschungszentrum: PMO ISPRA FISCALITE.
Die Antworten werden in die Rubrik „Häufig gestellte Fragen“ auf der
speziellen Intranet-Seite aufgenommen.
Zur Erinnerung: Vorliegende Verwaltungsmitteilung enthält allgemeine
Informationen, die der Verwaltung vorliegen. Ihr Finanzinstitut sowie die
zuständigen Behörden des Staates Ihres steuerlichen Wohnsitzes stehen zu
Ihrer Verfügung, um speziellere Fragen zu beantworten.
__________________________
Footnotes
- (1)Beschluss des Rates vom
19. Juli 2004, ABl. L 257 vom 4.8.2004, S. 7.
- (2)Siehe Anmerkung 1
- (3)Der Terminus „steuerlicher
Wohnsitz“ lautet in dem PVB auf Französisch domicile fiscal und in der
Richtlinie résidence fiscale.
- (4)Die also auf Konten bei
belgischen Banken und bei in Belgien emittierten Schuldtiteln anfallen.
- (5)In Belgien „prélèvement
pour l’Etat de résidence“ oder „PER“ genannt.
- (6)Sie heißt in Belgien
„prélèvement pour l’Etat de résidence“ oder „PER“ und darf nicht mit dem
ebenfalls an der Quelle abgezogenen „précompte mobilier“ verwechselt
werden, der anfangs in dieser Verwaltungsmitteilung erwähnt wurde.
- (7)Definition der
„Zahlstelle“: jeder Wirtschaftsbeteiligte, der dem effektiven Empfänger
der Zinszahlungen (dem „wirtschaftlichen Eigentümer“) Zinsen zahlt oder
eine Zinszahlung zu dessen unmittelbaren Gunsten einzieht.
- (8)Für diese Bescheinigungen
gibt es kein einheitliches Muster; jede nationale Behörde stellt die
Bescheinigung also nach ihrem eigenen Modell aus.
- (9)Die Internetadressen der
nationalen Steuerbehörden werden auf einer Intranetseite angegeben, die
die Kommission zurzeit vorbereitet.
- (10)Außerdem prüft die
Kommission die Möglichkeit, Belgien aufzufordern, das Anwendungsdekret
zu ändern, um dem besonderen Status der Beamten und sonstigen
Bediensteten der EG im aktiven Dienst Rechnung zu tragen, auf die
Artikel 14 des PVB Anwendung findet.
- (11)Dagegen ist es Sache
des Staates des steuerlichen Wohnsitzes, bei der endgültigen Berechnung
der Steuerschuld zu bestimmen, ob Steuerfreigrenzen anzuwenden sind.
- (12)Schlussfolgerungen des
ECOFIN-Rates vom 12. April 2005.
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